Einfluss von Rechtsextremisten in Bautzen nimmt zu

Angehörige der rechtsextremistischen Szene zeigen in Bautzen immer mehr Präsenz. Dazu gehört auch der „Jugendblock“. Wer dahintersteckt und wie gefährlich das ist.

Sie fallen vor allem durch ausländerfeindliche Banner und Parolen auf – eine Gruppe vornehmlich Jugendlicher und junger Erwachsener, die sich an den Umzügen der „Mahnwache Bautzen“ beteiligen. Sie gehören laut dem Sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) dem sogenannten „Jugendblock“ und der Gruppe „Balaclava Graphics“ an. Sie heben sich „deutlich vom übrigen Demonstrationsgeschehen bei den Montagsprotesten in Bautzen ab“, so ein LfV-Sprecher.

Der „Jugendblock“ sei Beobachtungsobjekt der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene, die Zahl der zugehörigen Personen liege aktuell im mittleren zweistelligen Bereich. Bei „Balaclava Graphics“ handele es sich um eine Gruppe der neonationalsozialistischen Szene, die maßgeblich durch einen bekannten Rechtsextremisten beeinflusst werde, „der seit mehreren Jahren Online-Plattformen für die Mobilisierung für Versammlungen zur Verfügung stellt“. Bis zur Umbenennung fand dies unter dem Namen „Stream BZ“ statt.

Rechtsextremistischer Einfluss auf Proteste

In Bautzen zeigen sich diese Personen im Umfeld der Veranstaltungen, die sich gegen Rechtsextremismus richten, sowie regelmäßig als Teilnehmer der Montagsproteste. Am 12. Februar 2024 etwa zogen sie mit „Lügenpresse“-Rufen durch die Bautzener Innenstadt.

Am 15. April 2024 hat die Teilnehmerzahl laut LfV gar im dreistelligen Bereich gelegen. „Zurückzuführen ist dies auf die Teilnahme von Rechtsextremisten auch aus anderen Landkreisen, die zuvor in den Sozialen Medien intensiv für den Protest mobilisiert hatten“, heißt es vom LfV. In den Sozialen Medien und bei Veranstaltungen wie den Montagsprotesten versuche die Szene, neue Anhänger zu gewinnen. Sowohl der „Jugendblock“ als auch „Balaclava Graphics“ versuchen laut LfV „offensiv, das Protestgeschehen rechtsextremistisch zu beeinflussen und so in nicht extremistische Milieus hineinzuwirken“.

Rechtsextremistische Szene in Bautzen schüchtert ein

Das beobachtet auch das mobile Beratungsteam (MBT) des Kulturbüros Sachsen für die Landkreise Görlitz und Bautzen. Die Mitarbeiter registrieren „massiv eine rechte Raumnahme“ durch Sticker und Graffiti sowie persönliche Präsenz dieser Personen bei Veranstaltungen von „Happy Monday“ in Bautzen, aber auch an anderen Wochentagen. Die Teilnehmer würden öffentlich verfassungsfeindliche Zeichen wie den Hitlergruß oder auch erhobene Fäuste zeigen. „Das nehmen Menschen wahr, manche bekommen Angst und lassen sich einschüchtern“, so das MBT.

Dies zeige sich vor allem an Montagabenden im Umfeld der Versammlungen der „Mahnwache Bautzen“ in der Innenstadt. Geschäfte würden dann bewusst deutlich früher oder später schließen als üblich, damit deren Angestellte nicht während der Versammlung nach Hause gehen müssen.

Das MBT beobachtet eine stärkere Präsenz und Gewaltbereitschaft der rechtsextremistischen Szene, vor allem seit die Demos für Vielfalt und Demokratie und gegen Rechtsextremismus Anfang 2024 begonnen haben. Das Auftreten der Beteiligten sei dabei bewusst weitestgehend einheitlich. Sie zeigen sich in schwarzer Kleidung ohne die sonst üblichen Symbole und Erkennungszeichen der rechtsextremistischen Szene. Das gelte etwa für den Angriff auf eine Veranstaltung zu Ostern in Ralbitz-Rosenthal, die Präsenz am 15. April in Bautzen nach Aufruf etwa der Gruppe „Elblandrevolte“ und generell für die Teilnahme im „Jugendblock“.

„Jugendblock“: Teilnehmer teils jünger als zehn Jahre

Dieser zählt laut MBT 20 bis 30 Personen inklusive einer festen Mädchenclique von fünf bis sechs Teilnehmerinnen. Die meist Jugendlichen und jungen Erwachsenen würden aus dem Oberland und vor allem dem Bautzener Stadtteil Gesundbrunnen kommen und Anschluss suchen. Gefahr gehe von den Beteiligten ab 16 Jahren und älter aus. Der Kern sei im Alter zwischen 13 und 16 Jahren, die Jüngsten unter zehn.

Um damit professionell umzugehen, müsste die Stadt Bautzen viel mehr kleinteilige präventive Jugendarbeit mit mehr Personal außerhalb der Schule in den Stadtteilen machen, so das MBT. „Es geht um attraktive Angebote für junge Menschen, wenn sie draußen sind, also abends und an den Wochenenden.“

Laut der Polizeidirektion Görlitz gab es beim „Jugendblock“ in den vergangenen zwölf Monaten offenbar einen organisatorischen Umbruch. „Die Teilnehmenden wandelten sich dabei ebenso häufig wie auch das Erscheinen immer jüngerer Personen.“ Aus Sicht der Polizei sei es zu einem Zusammenkommen für Jugendliche aus Bautzen geworden. „Dabei sind viele der Jungen und Mädchen offenbar einfach nur da, damit sie dabei sind und weil sie jemanden kennen, der jemanden kennt.“

Rechtsmotivierte Gewalt nimmt in ganz Sachsen zu

Dass neben diesem Zusammenkommen die Gefahr durch die rechtsextremistische Szene zunimmt, zeigt die Auswertung der Opferberatung des RAA Sachsen (Regionale Arbeitsstellen und Angebote für Bildung, Beratung und Demokratie). 2023 habe es 17 Fälle rechtsmotivierter Gewalt im Landkreis Bautzen gegeben, vier mehr als 2022. Zwölfmal sei „Rassismus“ das Tatmotiv gewesen. Die Stadt Bautzen sei mit zehn der 17 Fälle Schwerpunkt im Landkreis. Auch alle drei Angriffe auf Nichtrechte, Alternative und politische Gegner hätten sich in der Stadt ereignet.

Laut RAA hat sich die zunehmend gewalttätige rechte Raumnahme in Sachsen aus dem Jahr 2022 in 2023 fortgesetzt und weiter ausgebreitet. „Bedrohungen haben im Bereich der rechtsmotivierten Gewalt wieder eine zunehmende Bedeutung. Betroffene sollen eingeschüchtert werden – wie in Bautzen, wo Neonazis Jugendliche in einem Jugendclub umstellten und massiv bedrohten“, sagt Andrea Hübler, Projektleiterin der RAA-Opferberatung.